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Die Waldhexe

Die Maske der Waldhexe ist ebenfalls eine Vollholzmaske, deren handgeschnitztes Gesicht dem des Gehrenmännles angeglichen ist. Die nach oben fliehenden großen Augenbrauen, die breite Fratze mit hervorragendem Kinn, die tiefen Falten und großen Warzen geben ihr den Ausdruck einer alten Waldhexe. An der Maske sind ein schwarzes Kopftuch sowie lange Hanfzöpfe befestigt. Die Bluse der Hexe ist weinrot mit kleinem Paisleymuster. Der Rock ist dunkelgrün, die Schürze schwarz mit kleinen weißen Punkten. Lange weiße Unterhosen mit gehäkelter Spitze, die bis zum Knie reichen, und weinrote Baumwollstrümpfe werden als Beinkleider getragen. Den Abschluss bilden Strohschuhe.

Die Waldhexen tragen lange Gabelstecken aus Haselnuss und ihre Hände sind durch schwarze Baumwollhandschuhe bedeckt.

Die Entstehung der Waldhexen 1961 - 1962

waldhexe1Rudi Benz mit der ersten Maske der Waldhexen
Foto: Gaby Kraemer

Damals waren die Ailinger Narren zur Fasnetszeit noch eine wild zusammengewürfelte Gruppe von Gehrenmännle, Großkopfeten und anderen lustigen und aktiven Kostümträgern. Sie trafen sich hauptsächlich an Bäck Ammann's "Warmer Wand" zu wichtigen Besprechungen. Zu dieser Zeit sah man schon eine Hexe in der Reihe der Narren. Diese Hexe mit einfachem Häs und Maske war von Rudi Benz geschnitzt. Später wurde Rudi Benz von Hans Häfele und Armin Hildebrand unterstützt. Bei diesem Treiben kam dem letzteren die Idee, dem Gehrenmännle ein weibliches Wesen zuzugesellen, damit es sein Dasein nicht so alleine fristen müsse. So entstand die Waldhexe.

Dem Riegenführer der Ailinger Turner, Armin Hildebrand, gelang es, seine Kameraden für diese Idee zu begeistern. Die Waldhexe sollte mit viel Bewegung und dynamischen Sprüngen ihre Späße bei den Narrentreiben zeigen. Der Widerstand der bestehenden Narrengruppen gegen die Waldhexe legte sich mit der Zeit. Mehrere Turnerinnen und Turner erklärten sich bereit mitzumachen, und so trafen sich im Jahr 1961 Martha Matzenmüller, Hans Rauch, Fritz Chiandetti, Armin Hildebrand und der Geist des Gehrenmännle zu heimlichen, nächtlichen Sitzungen, um die richtige Gestalt und das Wesen der Hexe zu ergründen. So entstand das Weib des Gehrenmännle, die Waldhexe, deren Häs bis zum heutigen Tag fast unverändert blieb.

waldhexe2Rudi Benz im ersten Häs zwischen den Waldhexen der ersten Stunde
Foto: NZA-Archiv
Es begann ein emsiges Treiben und Schaffen. Größere Mengen Stoff wurden eingekauft und, da kein Geld vorhanden war, wurde alles aus eigener Tasche bezahlt. Dann folgte das Zuschneiden und Nähen der Häser, Strohschuhe wurden gebastelt, und Holzknöpfe sowie Hanf für die Zöpfe wurde besorgt.

Auch der Hexenstecken gehörte schon dazu, ein gegabelter Stock, nicht einer der sonst üblichen Hexenbesen. Die ersten Stecken wurden auf dem Horrach geschnitten, gingen aber beim anschließenden "Begießen" im Höhlerhof und bei Matt's teilweise wieder verloren.

Die Masken für die Waldhexe entwarf und schnitzte Josef Bergmüller. Er machte sich bei den ersten Masken sogar die Mühe, die Charaktere der Maskenträger in die Gesichtszüge individuell einfließen zu lassen. Damals kostete eine Maske 40 Mark. Nicht zuletzt gehörte das Training zu den Vorbereitungen. In der alten Turnhalle beim Rathaus wurden Pyramide, Radschlag, Handstand und Handlaufen geübt, um für den Narrensprung gerüstet zu sein.

Am Anfang waren dabei:
waldhexe3Waldhexen beim Narrensprung in Friedrichshafen
Foto: Gaby Kraemer
Luise Schiffmann (Matt), Maria Kienzle, Fritz und Alfons Chiandetti, Hartmut Müller, Hans Rauch, Albert Schraff, Hans Strasser und Armin Hildebrand.
Dann endlich war es soweit. In der Fasnet 1962 waren die Ailinger Waldhexen zum ersten Mal zu sehen.
Anfangs wurden nur Umzüge in der näheren Umgebung besucht, insbesondere in Langenargen. Man erinnert sich noch daran, daß es dort stark geregnet hat und deshalb bei vielen Häusern Glühwein und Schnaps ausgeschenkt wurde, so dass verschiedene Narren zuletzt von innen und außen gleichmäßig nass waren.

So wurde die Waldhexe mit viel Erfolg und Beifall in die Geschichte der Ailinger Fasnet aufgenommen.
Dies ist die Entstehungsgeschichte der Waldhexen, deren Gruppe in den nun fast 50 Jahren auf ca. 240 Maskenträger und ca. 60 Junghexen, mit und ohne Kinderwagen, angewachsen ist.
Gerne erinnern sich die Hexen der ersten Jahre, von denen Inge und Armin Hildebrand bis vor kurzem noch aktiv dabei waren, an die alten Zeiten.

Bei der Gründung der Narrenzunft Ailingen e.V. 1969 wurde erstmals ein Hexenmeister berufen, der die bis dahin schon große Gruppe führen sollte.

waldhexe4Waldhexen in den Wäldern um das Gehrenmännlesloch Foto: Jochen MeschenmoserDie bisherigen Hexenmeister waren:
von 1969 - 1975 Karl Krapf,
von 1975 - 1987 Franz Lorch
von 1988 - 1991 Wolfgang Ammann
von 1991 - 1995 Toni Gwinn
von 1995 - 1999 Hans-Peter Grollmus
von 1999 - 2005 Markus Riether
von 2005 - 2009 Peter Engel
von 2009 - 2013 Manfred Rosenhagen

seid 2013 ist der aktuelle Hexenmeister Robert Kirchmann.

Im Laufe der Zeit gesellte sich zur Gruppe die schon ältere Gestalt des Hexenreiters, und 1974 entstand dieHexentanzgruppe unter Leitung von Uschi Molsen.

Es ist jedes Jahr ein großes Erlebnis, wenn zu Beginn der Fasnetszeit der Geist vom Gehrenmännlesloch im Gehrenmännle und in der Waldhexe erwacht.

waldhexe5Sicherlich eine Besonderheit in der Fasnetslandschaft; Eine richtige Hochzeit an der Fasnet zwischen einer Waldhexe und einem Schalmeienspieler
Foto: Gaby Kraemer
Man spürt die Freude, wenn das närrische Volk begeistert die fünfte Jahreszeit feiert um dabei den oft langen Winter zu vertreiben. Man könnte noch viel erzählen und erforschen, aber um das Wesen einer Hexe zu begreifen, muss man selbst eine werden.

Autor: Pauline Schulz