Die Sage vom Ailinger Gehrenmännle
Einstmals, vor langen Jahren, lebte am Gehrenberg eine Bauernfamilie. Sie hatte ein paar Kühe und einige Morgen Wiesen. Es war die Zeit des 30-jährigen Krieges, und die Schweden hausten furchtbar im Land und durchzogen auch die Gegend um den Bodensee sengend und brandschatzend. Unser Bäuerlein hatte gute Vorsorge getroffen. Es hatte im Wald ein Versteck für seine wichtigste Habe eingerichtet, und dort lagerte die Familie auch nachts.
Eines Tages nahte das Unheil. in aller Frühe wollten sie sich gerade ihrem Haus nähern. Das Weib war mit den Kindern vorausgegangen, denn der Mann wollte an der Lagerstätte noch etwas ausbessern. Auf einmal hörte er laute Hilferufe. Eine Bande wilder Söldner hatte aus dem Hinterhalt Frau und Kinder überfallen und ins Haus geschleppt. Hier sollte die Frau die Gesellen mit Geld und Essen versorgen. Weil sie aber nichts im Hause hatten, ermordeten die Soldaten Frau und Kinder, zündeten das Haus an und warfen die Leichen in die Flammen. Als die Horde die Stätte des Grauens verlassen hatte und das Bäuerlein sich aus seinem Versteck herauswagte, war er halb von Sinnen vor Schmerz über diese Untat. Er begrub seine Lieben, packte in seinem Versteck ein Bündel zusammen und irrte planlos in der Gegend umher. Schließlich folgte er dem Lauf der Rotach.
Plötzlich stutzte er, ein Fuchs war aus der Wand gesprungen und doch war kein Fuchsloch zu sehen. Da teilte das Männlein die Brombeerhecken, die wie ein Vorhang an der Bergwand herabhingen und zu seinem Erstaunen gähnte vor ihm eine dunkle, tiefe Felsenhöhle. Das gefiel dem Männlein. Er legte sein Bündel nieder, begann sich aus Binsen, Schilf und Laub ein notdürftiges Lager herzurichten und blieb hier wohnen.
Als ihm die mitgebrachten Lebensmittel ausgingen, suchte es die umliegenden Siedlungen auf. Es kam nach Ittenhausen, Berg, zur Reinachmühle, nach Ailingen und Lottenweiler. Es half beim Viehhüten, beim Holzmachen und bei den Arbeiten auf dem Felde. Gerne gab man ihm Arbeit und Essen. Wenn die Leute das Männlein nach seinem Namen fragten und woher es komme, sagte es nur, es habe seinen Namen vor Schreck vergessen und komme vom Gehrenberg. Daher nannte man es „s'Gehrenmännle". Man wollte natürlich wissen, wohin der seltsame Fremdling abends immer verschwand, und eines Tages schlichen ihm ein paar Burschen nach. Das war dem Männlein gar nicht recht, und kurz darauf erschien es nicht mehr wie vereinbart bei seinem Bauern zur Arbeit. Als man einen Burschen zur Höhle schickte, fand sich keine Spur mehr vom Gehrenmännle und man sah und hörte nichts mehr von ihm.
Doch noch lange redeten die Leute in der Umgebung von dem Männlein und seine ehemalige Wohnstätte heißt noch heute „s'Gehrenmännlesloch". In Anlehnung an diese Sage erklingt der Ruf der Ailinger Narren: „Ali-Gero"
Der Narrenruf steht für Ailingen und dem „Monte Gero" wie der Gehrenberg im Volksmund bezeichnet wird.
Um die Sage von Generation zu Generation weiterzugeben, wurde dort sogar eine Gedenktafel erstellt.