Der Narrenbaum und seine Bedeutung
Puppen am Narrenbaum
Foto: Jochen MeschenmoserDie Tradition des Narrenbaumsetzens ist noch nicht sehr alt und entwickelte sich wahrscheinlich aus dem Brauch des Erstellens eines Maibaumes. Der Narrenbaum symbolisiert die Stärke und Macht des närrischen Volkes.
Beim Narrenbaumsetzen wird ja auch das Rathaus gestürmt und dann „regieren" die Narren bis Aschermittwoch. Genauer gesagt wird der Rathausschlüssel samt leerer Kassen beim Narrenbaumfällen am Fasnetsdienstag wieder an den Ortsvorsteher übergeben.
In Ailingen wurde der Narrenbaum am 18. Februar 1971 – am „Gumpigen Donnerstag" – zum ersten Mal gesetzt und ist heute fester Bestandteil der Ailinger Fasnet. Zwischenzeitlich wird der Narrenbaum immer am Samstag, zwei Wochen vor dem eigentlichen Fasnetswochenende aufgestellt.
Die "Heinzelmänner" in Aktion Foto: Carmen MauryIn all den Jahren wurde der Baum, eine Tanne von 17 bis 25 Meter Länge, vom Hofgut Wieland in Wiggenhausen gestiftet. Mit närrischer Musik (Schalmeien, Brickles Bräs Bänd und neu, den Scharfen Hüpfern) bewegt sich der Zug bunter Narren aus Ailingen, Berg, Lottenweiler und Raderach von Wiggenhausen zum Rathausplatz. Der Narrenbaum auf dem buntgeschmückten Langholzwagen wird von Zimmerleuten der Firma Hofmann aus Ettenkirch/Lindenholz fachmännisch betreut.
Mit Stangen, jeweils zwei zusammengebunden (Schwalben) und unter den aufmunternden „Hau- ruck-Rufen" der Versammelten, stellen die Zimmerleute (Heinzelmänner) den Narrenbaum auf. Prächtig sieht er aus, abgeschält (geräppelt) bis zur grünen Krone dem Dolden. Bunte Bänder und ein Reif mit zierlich gearbeiteten Puppen der Ailinger Narrenfiguren geben ihm ein festliches Aussehen.
Der Baum wird vom historischen Langholzwagen gehoben Foto: Carmen MauryNun wird vom „Gehrenmännleswagen" aus die „Fasnet verlesen" und die Narretei regiert bis zum Ende der Fasnet. Zwischendurch unterhalten die verschiedenen Musikkapellen die anwesenden Gäste auf dem Rathausplatz.
Auch für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt. Eine Spezialität ist immer die „Original Oilinger Hexensupp" und der „Hoiße Moschd vom Geroloch" welche Geist und Sinne wärmen und oftmals die Kälte vergessen lassen.
An das Narrenbaumsetzen schließt sich die „Dorffasnet" an. Die Narren schwärmen aus in die umliegenden Wirtshäuser und bringen dort die sich ins Warme verzogenen in Stimmung.
Autor: Edeltraud Krapf
Zylindermännle
Quelle: Georg WielandUm diese Zeit der ersten Gehrenmännle entstanden auch die Zylindermännle. Die Zylindermännle waren ein besonders groteskes und ungewöhnliches Maskenkostüm. Der übergroße Zylinderhut reichte bis zu einer Gesichtsmaske, die vor den Bauch gebunden war. Die Beine wurden an den Knien zusammengeschnürt.
Oben im Zylinderhut befand sich ein Sichtfenster aus durchsichtigem Stoff. Diese Maske eines Zwerges mit Riesenhut rief beim Publikum großes Erstaunen hervor, war aber bei den Trägern selbst nicht beliebt, weil es schwierig, ja fast unmöglich war, mit gebundenen Knien den langen Weg eines Umzugs mitzulaufen.
Autor: Edeltraut Krapf
Großkopfete
Foto: Georg WielandBäcker Amann besorgte eines Tages die „Großkopfeten". Das war eine Sensation; und mit dieser Attraktion ging man erstmals auf Umzüge.
Eines Tages kam man auf die Idee, nach der Sage vom Gehrenmännle ein Kostüm zu entwerfen. Aus Rupfen nähte man einfache Anzüge und befestigte kleine Tannenreiser und Efeu daran. Eine Gummimaske verdeckte das Gesicht.
Foto: Georg WielandDas „Grünzeug" hatte aber den Nachteil, dass es Harz absonderte, was nicht so erfreulich war, besonders beim Tanzen. Man ging daher dazu über, Bastzöpfe aufzunähen.
Foto: Georg WielandViel später erst bestickte man das Gehrenmännlehäs.
Autor: Edeltraut Krapf
Warme Wand
Alte Backstube der Bäckerei Amann
(heute Bäckerei Hiebele)
Quelle: Ottmar KnappWährend der Kriegsjahre und in den ersten Nachkriegsjahren war Fasnetstreiben verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann zuerst die Zeit der Kaffeekränzle. Die Gasthäuser luden ein. Man bestellte ein Gedeck, das war Kaffee und Kuchen zur Genüge. Musik spielte dazu und abends war Kappenabend mit Tanz.
Dann kam die Sache mit der „Warmen Wand". Die warme Wand war beim Bäcker Bernhard Amann in der Backstube.
Man hatte nach den schweren Kriegsjahren einfach das Bedürfnis, fröhlich und lustig zu sein, und so lud Frau Paula Amann einige Frauen ein, an der warmen Wand Fasnetshäs zu basteln.
Man legte Bretter als Schutz über die Teigtröge und nähte und verarbeitete alte Kleidung zu neuem Häs. Die Männer, die dieses Häs dann anzogen, sahen verwegen, räubermäßig und wild aus, und die Gruppe nannte sich daher „der Wilde Haufen".
Der "Wilde Haufen"
Quelle: NZA-ArchivEinige Wochentage waren nötig, um die Kleider zu richten. Meistens arbeiteten acht bis zehn Personen. Das schönste war immer, daß Frau Amann zwischendurch Kaffee und Kuchen (sogenannte Ochsenzungen) spendierte. So entstand „der Wilde Haufen"
Autor: Edeltraut Krapf
Fasnetstreiben
Quelle: Georg WielandStraßenfasnet war nur bei den Kindern üblich. Sie vergnügten sich, indem sie kostümiert auf der Straße sprangen. „Kostümiert" war in dem Fall nicht ein spezielles Kostüm; man hatte kein Geld und kleidete sich einfach „verrückt", indem man eine Jacke gedreht mit dem Futter nach außen trug oder Kleidung von Erwachsenen anzog.
Frau Klara Ammann erzählt: Meine Schwester und ich durften in den 20er Jahren Orangen verkaufen. Wir hatten ein Lebensmittelgeschäft. Nachmittags gingen wir ab 16 Uhr zu den Fasnetsbällen. Wir trugen weiße Schürzen mit Goldborten, ein Band im Haar und hatten Henkelkörbe voller Orangen. Eine schöne, große Orange kostete 10 Pfennig. Auf diese Weise konnten wir immer ein paar Kisten der Früchte verkaufen.